Gedanken an einen Jobwechsel im Winter: Reflexionsimpulse aus dem Coaching

Wenn das Jahr leiser wird – werden manche Fragen lauter

Der Winter ist eine besondere Jahreszeit – vor allem für Menschen, die spüren, dass sich in ihrem beruflichen Leben etwas verändern möchte. Wenn draußen Ruhe einkehrt und das Jahr sich seinem Ende zuneigt, wird es drinnen – in uns selbst – oft unruhiger. Fragen tauchen auf, die im Sommer noch leicht überhörbar waren: „Bin ich hier noch am richtigen Platz?“, „Will ich dieses Tempo, diese Kultur, diese Aufgaben noch tragen?“, „Ist das, was ich jeden Tag tue, noch stimmig für mich?“

In meinen Coachings erlebe ich diese Phase jedes Jahr. Menschen, die im Frühjahr noch sicher wirkten, sitzen im Winter vor mir und sagen Sätze wie: „Ich weiß nicht, ob ich so noch weitermachen möchte.“ oder „Ich spüre, da wird eine Entscheidung fällig – aber ich habe Angst, sie auszusprechen.“ Der Winter hält uns einen Spiegel vor. Und genau das macht ihn zu einer wertvollen Zeit für berufliche Neuorientierung.


Warum der Winter eine Zeit für berufliche Klarheit ist

Der Winter bildet oft einen natürlichen Übergang zwischen äußerer Ruhe und inneren Fragen. Prozesse verlangsamen sich, Meetings werden weniger, Erwartungen sinken – und gleichzeitig rückt das Jahresende näher. Diese Kombination schafft Raum für Reflexion: Was war gut? Was hat gefehlt? Was wünsche ich mir wirklich?

In meinen Coachings beobachte ich drei typische Effekte, die im Winter besonders deutlich werden:

  1. Das Tempo sinkt – die Wahrnehmung steigt. Was im Alltag übertönt wird, wird jetzt hörbar.
  2. Das Bedürfnis nach Sinn und Stimmigkeit wächst. Menschen fragen sich: „Wofür mache ich das alles?“
  3. Der Wunsch nach Veränderung wird konkreter. Aus einem diffusen Gefühl wird eine greifbare Frage: Bleiben oder gehen?

Diese innere Jahreszeit – zwischen Abschied und Aufbruch – ist der Nährboden für echte Klarheit.


Was im Coaching passiert, wenn Menschen über einen Jobwechsel nachdenken

Wenn jemand mit dem Gedanken an einen beruflichen Wechsel ins Coaching kommt – wie neulich ein Klient, der erschöpft sagte: „Ich halte das so nicht mehr ein ganzes Jahr durch.“ – beginnt ein Prozess, der selten linear verläuft. Coaching ist kein gerader Weg, sondern ein Kreis: Themen tauchen auf, verschwinden, kommen wieder – und verknüpfen sich zu einem klareren Bild.

Drei Themenfelder begegnen mir dabei besonders häufig. Sie entscheiden oft darüber, ob jemand wirklich bereit für einen Wechsel ist – oder ob die Lösung eher in einer Veränderung im aktuellen Umfeld liegt.


1. Die inneren Signale erkennen: Was stimmt nicht mehr – und warum?

Viele Menschen spüren eine Veränderung – Führungskräfte oft besonders deutlich, da sie eine hohe innere und äußere Verantwortung tragen. Doch sie verstehen diese Signale nicht immer sofort. Im Coaching tauchen dann Sätze auf wie:

„Ich komme morgens gut aus dem Bett – aber ich fühle keine Freude mehr.“ „Ich fühle mich nicht mehr gesehen.“ „Ich weiß nicht, ob diese Führungskultur noch zu mir passt.“

Hier beginnt die eigentliche Arbeit: innere Signale ernst zu nehmen.

Dafür nutze ich im Coaching verschiedene Methoden:

  • Werte-Landkarte: Welche Werte tragen mich heute – und wo kollidiert mein Job mit ihnen?
  • Körperliche Resonanz: Wo spüre ich Druck, Enge oder Energie bei beruflichen Themen?
  • Musteranalyse: Welche Situationen wiederholen sich – vielleicht seit Monaten oder Jahren?

Erkenntnis: Ein Wechsel entsteht selten über Nacht. Er beginnt in dem Moment, in dem Menschen erkennen, dass sie an einem Ort geblieben sind, der ihnen nicht mehr entspricht.


2. Der Blick auf das System: Liegt die Lösung wirklich im Jobwechsel?

Ein Jobwechsel ist eine große Entscheidung – und nicht immer die richtige. Deshalb schaue ich mit meinen Klientinnen und Klienten auch auf ihr Umfeld. Gemeinsam analysieren wir:

  • Führungskultur: Passt der Stil noch zu meinen Bedürfnissen?
  • Teamdynamik: Was trägt mich? Was kostet mich Kraft?
  • Aufgabenstruktur: Tue ich das, was mir Energie gibt – oder eher das Gegenteil?
  • Rahmenbedingungen: Arbeitszeit, Flexibilität, Entwicklungsmöglichkeiten.

Manchmal zeigt sich: Die Unzufriedenheit kommt nicht vom Job selbst, sondern von einer einzelnen Stellschraube, die sich verändern lässt.

Eine Klientin sagte nach einer solchen Analyse: „Ich dachte, ich müsste kündigen. Dabei musste ich nur ein Gespräch führen.“

Erkenntnis: Ein Jobwechsel ist nur dann sinnvoll, wenn klar ist, welches Problem er tatsächlich lösen soll.


3. Die Zukunft entwickeln: Wie soll mein beruflicher Weg aussehen?

Viele Menschen denken über einen Wechsel nach, bevor sie ein inneres Bild ihrer Zukunft entwickelt haben. Im Coaching arbeiten wir deshalb an einer oft unterschätzten Frage:

„Wonach sehne ich mich wirklich?“

Es geht nicht um einen starren Fünfjahresplan, sondern um Orientierung. Wir entwickeln Bilder, Szenarien und Möglichkeiten – manchmal mit Tools wie:

  • Zukunftsrad: Welche Lebensbereiche wollen wachsen?
  • Arbeitsidentität: Wer möchte ich im beruflichen Umfeld sein?
  • Prototyping: Kleine, risikoarme Schritte testen, bevor man große Entscheidungen trifft.

Ein Klient sagte einmal: „Wenn ich mir erlaube zu träumen, weiß ich genau, wo ich hinmöchte – ich habe es mir nur lange nicht gestattet.“

Erkenntnis: Ein Jobwechsel wird dann klar, wenn die Zukunft greifbar wird.


Zwei Beispiele aus der Praxis: Wie der Winter berufliche Entscheidungen prägen kann

Beispiel 1: Orientierung statt Kündigung

Ein Klient spürte seit Jahren, dass etwas nicht mehr passte. Erst im Winter wurde das Gefühl dringlicher. Schnell zeigte sich im Coaching: Er liebte seine Arbeit – aber nicht die Rahmenbedingungen.

Wir arbeiteten mit der Werte-Landkarte, betrachteten die Teamdynamik und entwickelten ein Zukunftsbild. Am Ende stand keine Kündigung, sondern ein klares Gespräch mit seinem Vorgesetzten. Drei Monate später arbeitete er in einem neuen Aufgabenbereich – im selben Unternehmen, aber mit neuer Energie.

Sein Satz danach: „Ich wollte weglaufen – dabei brauchte ich Orientierung.“

Beispiel 2: Wenn Klarheit zur Veränderung führt

Eine andere Klientin merkte im Winter, dass sie ihre Stärken im aktuellen Job nicht mehr einbringen konnte. Nach einigen Sitzungen wurde deutlich: Nicht der Arbeitsplatz war das Problem – sondern die fehlende Entwicklungsperspektive.

Sie entschied sich für einen Wechsel – nicht aus Frust, sondern aus Klarheit. Heute arbeitet sie in einem Umfeld, in dem sie ihre Kompetenzen gezielt einsetzen kann.


Wenn ein Wechsel wirklich der nächste Schritt ist

Natürlich gibt es Situationen, in denen ein Jobwechsel die richtige Entscheidung ist. Im Coaching unterstütze ich dann dabei, den Prozess bewusst und gut vorbereitet zu gestalten:

  • Was ist mein tatsächlicher Beweggrund?
  • Welche Kompetenzen möchte ich zukünftig stärker nutzen?
  • Welche Art von Kultur brauche ich, um aufzublühen?
  • Welche Muster aus der Vergangenheit möchte ich nicht wiederholen?

Und ganz wichtig:

Welche Schritte kann ich noch im aktuellen Job gehen, um mich gut von dieser Phase zu verabschieden?

Denn ein sauberer Abschluss schafft emotionale Freiheit für einen starken Neuanfang.


Der Winter als Einladung zur Selbstklärung

Der Winter lädt uns ein, ernst zu nehmen, was in uns arbeitet – und professionelles Coaching kann dabei helfen, diesen inneren Dialog zu strukturieren und zu vertiefen. Er schenkt Raum für Fragen, die uns wieder in Kontakt mit uns selbst bringen. Und genau dieser Kontakt ist die Grundlage für gute Entscheidungen.

Ob am Ende ein Jobwechsel steht oder eine bewusste Veränderung im bestehenden Umfeld – Klarheit entsteht im Dialog mit sich selbst.

Ich freue mich darauf, Menschen auch in diesem Winter dabei zu begleiten, ihren nächsten Schritt zu entdecken – mutig, reflektiert und selbstbestimmt. ✨