Generation Z im Unternehmen – wie Führung wirksam gelingt

Zwischen Selbstbewusstsein und Sinnsuche: Wer ist die Gen Z?

Viele Führungskräfte begegnen der Generation Z mit einer Mischung aus Neugier, Skepsis und manchmal auch Irritation. Die jungen Mitarbeitenden gelten als selbstbewusst, fordernd und werteorientiert. Sie hinterfragen, wollen mitgestalten – und sind dabei nicht selten schneller im Denken als die Strukturen, in denen sie arbeiten.

In meinen Workshops mit Führungskräften höre ich häufig Sätze wie:

  • „Die sind noch keine drei Monate da, und schon wollen sie alles ändern.“
  • „Ich wusste nicht, ob das eine Frage war oder eine Forderung.“
  • „Fachlich top – aber null Teamverständnis.“

Diese Aussagen sind selten böswillig – sie spiegeln oft eine echte Verunsicherung wider. Viele Führungskräfte fragen sich: Wie kann ich führen, ohne ständig meine Prinzipien infrage zu stellen? Und wie bleibe ich glaubwürdig, wenn ich auf junge Erwartungen reagieren soll, die mir selbst fremd sind?

Zur Gen Z zählen grob die Jahrgänge zwischen 1997 und 2012 – also Menschen, die 2025 zwischen 13 und 28 Jahre alt sind. Sie sind mit Smartphone, Social Media und Echtzeit-Kommunikation aufgewachsen. Viele haben schon in der Schule gelernt, dass Selbstreflexion, Nachhaltigkeit und Diversität wichtige Themen sind. Gleichzeitig haben sie Corona, Klimakrise und wirtschaftliche Unsicherheit erlebt – und daraus ein Bedürfnis nach Orientierung, Sicherheit und Sinn entwickelt.

Was Gen Z ebenfalls auszeichnet: Sie sind es gewohnt, Informationen in Echtzeit zu bekommen. Sie recherchieren schnell, vergleichen kritisch und haben keine Angst davor, Dinge zu hinterfragen. In einem Team mit traditionelleren Kommunikationswegen kann das schnell zu Spannungen führen – aber auch zu frischen Impulsen, wenn man sie aufgreift.

Erwartungen an Führung: Was Gen Z wirklich braucht

1. Persönliche Ansprache statt Standardfloskeln
Junge Mitarbeitende wollen als Menschen gesehen werden – nicht nur als Teil eines Teams. Wer als Führungskraft echtes Interesse zeigt, gewinnt Vertrauen. Ein kurzes Gespräch auf Augenhöhe kann mehr bewirken als ein ausgeklügeltes Entwicklungsgespräch.

2. Feedback auf Augenhöhe – klar, ehrlich und regelmäßig
Einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch reicht nicht mehr. Gen Z wünscht sich zeitnahes, konstruktives Feedback – auch (und gerade) dann, wenn etwas nicht gut läuft. Gleichzeitig ist sie erstaunlich offen für Rückmeldung – wenn sie als respektvoll empfunden wird.

3. Beteiligung und Mitgestaltung
Anweisungen ohne Erklärung stoßen auf Widerstand. Wer das Warum erklärt und Raum für Ideen gibt, erlebt viel Eigeninitiative. Viele junge Mitarbeitende wollen Einfluss nehmen – nicht aus Ego, sondern aus echtem Gestaltungswillen.

4. Haltung und Authentizität
Worte allein reichen nicht. Junge Menschen spüren sehr genau, ob jemand das lebt, was er oder sie sagt. Wer Glaubwürdigkeit ausstrahlt, wird respektiert – auch bei unbequemen Entscheidungen. Umgekehrt führt ein Widerspruch zwischen Worten und Verhalten schnell zu Vertrauensverlust.

5. Sinn und Werteorientierung
„Was bringt das eigentlich?“ ist keine Provokation, sondern eine ernst gemeinte Frage. Führungskräfte tun gut daran, den Zweck hinter der Aufgabe klarzumachen. Wer erklärt, welchen Beitrag ein Projekt zum größeren Ganzen leistet, bekommt meist mehr Engagement.

6. Lernmöglichkeiten und Weiterentwicklung
Gen Z möchte wachsen – fachlich, persönlich und im Team. Klassische Karrierestufen sind dabei weniger wichtig als individuelle Entwicklungsmöglichkeiten. Coaching, Mentoring und Learning on the Job sind oft überzeugender als starre Entwicklungspläne.

Praxisbeispiele aus dem Führungsalltag

In einem meiner Workshops berichtet eine Führungskraft von einem Azubi, der direkt am zweiten Tag vorschlägt, das Onboarding-Konzept zu überarbeiten. Statt das als Anmaßung zu werten, kam es zu einem produktiven Austausch – und tatsächlich zu sinnvollen Verbesserungen. Der Azubi durfte seine Sichtweise einbringen und bekam Wertschätzung dafür – gleichzeitig lernte er, was realistisch umsetzbar ist.

Ein anderes Beispiel: Eine Praktikantin fragt, warum in Meetings immer dieselben Personen reden. Die Rückfrage wirkte im ersten Moment unbequem – führte aber zu mehr Beteiligung und neuen Gesprächsregeln im Team. Die Führungskraft berichtete später: „Ich musste erst schlucken. Aber dann habe ich gemerkt: Genau dafür habe ich doch eigentlich immer offene Kultur gefordert.“

Ein drittes Beispiel: Eine junge Kollegin bat um eine Projektverantwortung, obwohl sie erst ein halbes Jahr im Unternehmen war. Statt sie abzuwimmeln, vereinbarte ihre Führungskraft eine Co-Leitung mit einer erfahrenen Kollegin. Das Ergebnis: hohe Motivation, neue Perspektiven – und ein überraschend gutes Projekt.

Was heißt das für Führung?

Wer Gen Z führen will, braucht keine neue Rolle – aber eine bewusste Haltung. Es geht um echtes Interesse, konsequente Kommunikation und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen.

Das bedeutet nicht, jede Idee umzusetzen. Aber es bedeutet, jede Idee ernst zu nehmen. Die Kunst liegt darin, den Gestaltungsspielraum klar zu benennen – und innerhalb dieses Rahmens Beteiligung zu ermöglichen.

Führung wird so zur Begleitung von Entwicklung, nicht zur Verwaltung von Vorgaben. Und genau das ist es, was viele junge Mitarbeitende als „gute Führung“ erleben.

Fünf Fragen zur Selbstreflexion

  • Wie reagiere ich, wenn junge Mitarbeitende schnell viel wollen?
  • Wann nehme ich Rückfragen persönlich – obwohl sie sachlich gemeint sind?
  • Wie viel Beteiligung lasse ich wirklich zu?
  • Wofür stehe ich als Führungskraft – und wie klar wird das in meinem Verhalten?
  • Wann habe ich zuletzt ein klares Nein formuliert – und trotzdem Wertschätzung vermittelt?

Führung in Zeiten von Gen Z ist kein Kulturbruch. Es ist eine Einladung, sich weiterzuentwickeln – als Führungskraft und als Team. Wer diese Einladung annimmt, entdeckt oft auch neue Seiten an sich selbst.