Auftragsklärung: Der entscheidende Startpunkt im Coaching

„Worum geht es eigentlich genau?“ – Diese Frage steht am Anfang jedes professionellen Coachings. Die Auftragsklärung bildet das Fundament für den gesamten Prozess. Wenn hier sauber gearbeitet wird, entstehen Klarheit, Vertrauen und ein gemeinsames Verständnis der Zusammenarbeit. Ich erlebe immer wieder, wie allein durch diese erste Phase bereits Aha-Momente entstehen – weil das eigene Anliegen endlich auf den Punkt gebracht wird. Manchmal ist es das erste Mal, dass jemand sich wirklich Zeit nimmt, um über ein Thema nachzudenken, das lange im Hintergrund geschwelt hat. Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Klientin, die in der ersten Sitzung zum ersten Mal aussprach, wie sehr sie sich im Alltag fremdbestimmt fühlte. Allein dieses Aussprechen führte zu Tränen der Erleichterung – und markierte einen emotionalen Wendepunkt.

Warum ist die Auftragsklärung so wichtig?

In der Auftragsklärung wird das Anliegen des Coachees präzise herausgearbeitet. Es geht nicht nur darum, ein Gesprächsthema zu benennen, sondern auch darum, das Ziel des Coachings, die Rahmenbedingungen und die Rollenverteilung zu definieren. Wer hier oberflächlich bleibt, riskiert Missverständnisse, fehlende Zielklarheit und damit eine geringere Wirksamkeit des Coachings.

Eine gute Auftragsklärung ist wie das Justieren eines Kompasses: Nur wenn die Richtung stimmt, können Coach und Coachee mit Vertrauen und Energie aufbrechen. Und: Je präziser die Richtung, desto leichter lässt sich der Weg gestalten.

Was gehört zur Auftragsklärung?

  • Anliegen definieren: Was soll im Coaching bearbeitet werden?
  • Ziele formulieren: Was möchte die Person durch das Coaching erreichen?
  • Rahmenbedingungen klären: Zeitlicher Umfang, Dauer, Frequenz, Kosten
  • Rollen verstehen: Was ist Aufgabe des Coachs? Wofür bleibt der Coachee verantwortlich?
  • Grenzen benennen: Was kann Coaching leisten – und was nicht?

Die Bedeutung der Beziehungsebene im Coaching

Darüber hinaus spielt auch die persönliche Chemie eine Rolle: Passt die Zusammenarbeit auf menschlicher Ebene? Gerade hier entscheidet sich oft, ob eine vertrauensvolle Beziehung entstehen kann – die Grundlage für jedes gelingende Coaching.

Oft ist das Thema, das zuerst genannt wird, nur die Spitze des Eisbergs. Erst durch gezieltes Nachfragen und echtes Zuhören entsteht Klarheit über das eigentliche Anliegen. Und manchmal wandelt sich der Fokus bereits im Gespräch – weil das, was wirklich bewegt, erst durch diesen Reflexionsraum sichtbar wird.

Praxisbeispiel

Eine Führungskraft meldet sich mit dem Wunsch: „Ich möchte mich als Person weiterentwickeln.“ In der Auftragsklärung zeigt sich: Es geht konkret darum, in Teammeetings präsenter und souveräner aufzutreten. Daraus ergibt sich ein klares Ziel: „Ich möchte in den nächsten drei Monaten mindestens viermal in Teamrunden klar meine Position vertreten und mich dabei sicher fühlen.“

Oft erlebe ich in dieser Phase einen Moment der Erleichterung: „Endlich ist mir klar, was ich wirklich will.“ Diese Klarheit motiviert und bringt Struktur in den weiteren Prozess. Und sie ist eine erste Erfahrung von Selbstwirksamkeit – ein zentrales Prinzip im Coaching.

Ein weiteres Beispiel: Ein Projektleiter in einem mittelständischen IT-Unternehmen fühlt sich überfordert durch die Vielzahl paralleler Projekte und den permanenten Erwartungsdruck aus verschiedenen Richtungen. In der Auftragsklärung stellt sich heraus: Es geht weniger um Zeitmanagement, als vielmehr darum, sich abzugrenzen und Verantwortung besser zu delegieren. Erst durch diese Differenzierung wird ein konkreter Arbeitsauftrag für das Coaching möglich.

Auftragsklärung in komplexeren Settings

In Coaching-Prozessen, die im Auftrag von Organisationen stattfinden (z. B. durch HR oder Vorgesetzte), ist die Auftragsklärung besonders sensibel. Hier braucht es manchmal eine dreiseitige Klärung: Coachee, Auftraggeber und Coach stimmen sich gemeinsam darüber ab, woran gearbeitet wird – und welche Erwartungen im Raum stehen. Nur wenn hier Transparenz herrscht, entsteht ein tragfähiger Rahmen. Als Coach unterstütze ich diesen Prozess, indem ich alle Beteiligten aktiv einlade, ihre Erwartungen offen zu formulieren, offene Fragen zu klären und Missverständnisse frühzeitig auszuräumen.

Als Coach achte ich darauf, dass die Interessen aller Beteiligten gehört werden, ohne dass die Eigenverantwortung und die Freiwilligkeit des Coachees verloren gehen. Vertrauen und Vertraulichkeit haben hier oberste Priorität. Wichtig ist auch: Der Coachee entscheidet, welche Themen im Coaching konkret bearbeitet werden – auch wenn ein externes Ziel formuliert wurde. Coaching bleibt immer ein freiwilliger Prozess.

Reflexionsfragen für Sie:

Wenn Sie an ein aktuelles Anliegen denken: Könnten Sie es in zwei Sätzen auf den Punkt bringen? Welche Erwartungen würden Sie an ein Coaching dazu formulieren? Was müsste am Ende anders sein, damit Sie sagen: Das Coaching war hilfreich?

Meine Haltung

Eine gründliche Auftragsklärung ist für mich mehr als ein organisatorischer Einstieg. Sie ist ein erster Coaching-Moment: voller Empathie, Offenheit und Klarheit. Hier entsteht die Grundlage für Vertrauen und Wirksamkeit. Ich nehme mir für diesen Teil besonders viel Zeit, denn oft zeigt sich schon hier, wie der weitere Prozess verlaufen wird.

Ein gut geführtes Gespräch zur Auftragsklärung kann bereits Veränderung anstoßen. Manchmal liegt die Kraft des Coachings genau darin, die richtigen Fragen im richtigen Moment zu stellen. Eine Frage wie: „Was wäre für Sie ein mutiger erster Schritt?“ kann in einem passenden Moment den Blick weiten und neue Energie freisetzen. In diesen ersten Minuten wird oft spürbar: Hier darf ich sein, mit allem, was mich bewegt. Und das ist ein kraftvoller Beginn.

Fazit

Die Auftragsklärung ist der entscheidende Startpunkt für jede erfolgreiche Coaching-Begleitung. Wer hier in Tiefe und Klarheit investiert, schafft die Voraussetzungen für eine echte und nachhaltige Entwicklung. Sie bringt Struktur, schafft Vertrauen – und gibt dem Prozess eine stabile Richtung.

Im nächsten Beitrag schauen wir uns an, wie aus einem Anliegen ein präzises Ziel wird – und warum diese Unterscheidung so wichtig ist. Denn ohne ein klares Ziel bleibt Entwicklung ein Zufallsprodukt. Mit Zielklarheit wird Coaching zur gezielten Unterstützung auf dem Weg zum Erfolg.