Von Robin Hood zur echten Führungskraft
„Hör auf, wie Robin Hood zu denken!“ – Was mir mein damaliger Chef damit sagen wollte. Und warum ich heute darüber schmunzeln muss.
Als ich in meinen ersten Jahren als Führungskraft tätig war, gab mir mein damaliger Abteilungsleiter einen gut gemeinten Rat, der mich nie ganz losgelassen hat:
„Hör auf, wie Robin Hood zu denken. Mach Dir klar, auf welcher Seite des Tisches Du sitzen willst – und sorge dafür, dass die anderen drüben bleiben. Nur dann kannst Du ein Team führen.“
Damals war das für mich ein echter Denkanstoß – und eine Herausforderung. Ich identifizierte mich stark mit meinem Team. Ich wollte mitarbeiten, nicht nur delegieren. Verstehen statt nur zu verantworten – das war mein Anspruch.
Rückblickend sehe ich mich in der Rolle eines Übersetzers zwischen Team und Führungsebene – nicht als „klassischer Chef“, sondern als jemand, der Brücken bauen wollte.
Was mein damaliger Chef meinte: Führung braucht Klarheit, Distanz, Autorität. Eine klare Trennung zwischen „oben“ und „unten“. Für ihn war Führung eine Frage von Position und Kontrolle – nicht von Verbindung.
Wie ich heute über Führung denke
Oder vielleicht habe ich damals schon anders gedacht, ohne es in Worte fassen zu können.
Führung bedeutet für mich heute:
- Verbindung statt Trennung – zum Beispiel durch echte Gespräche auf Augenhöhe, in denen unterschiedliche Perspektiven Raum bekommen.
- Orientierung geben statt Kontrolle ausüben – indem ich klare Rahmenbedingungen schaffe, aber nicht jedes Detail vorgebe.
- Wirkung entfalten durch Vertrauen, nicht durch Distanz – weil nachhaltige Ergebnisse dort entstehen, wo Menschen sich sicher fühlen, Verantwortung zu übernehmen.
Der „Robin Hood“-Gedanke – also der Wunsch, auf Augenhöhe zu agieren, sich für das Team stark zu machen und sich als Teil eines gemeinsamen Erfolgs zu begreifen – war vielleicht gar nicht naiv, sondern seiner Zeit voraus.
Die Führungsbilder verändern sich
Was früher als „stark“ galt – Durchsetzung, Härte, klare Linien – wird heute ergänzt durch ganz andere Qualitäten: Selbstreflexion, Empathie, Kooperationsfähigkeit, Lernbereitschaft.
Ich erinnere mich gut an eine Führungskräftekonferenz Mitte der 1990er-Jahre. Auf der Bühne standen ausschließlich Männer im grauen Anzug, ihre Botschaft: „Führung heißt, Entscheidungen zu treffen und Erwartungen durchzusetzen.“ Niemand sprach über Zuhören, Beziehung oder Entwicklung. Heute, knapp drei Jahrzehnte später, ist das unvorstellbar – und das ist gut so.
In meinen Workshops mit Führungsteams sehe ich oft, wie sich alte Muster und neue Erwartungen reiben. Wie Führungskräfte den Spagat zwischen Ergebnisverantwortung und Menschlichkeit versuchen zu meistern. Und wie stark prägende Führungserfahrungen unser Führungsverhalten bis heute beeinflussen.
Ihre Erfahrungen interessieren mich
Welche Aussagen oder Situationen haben Sie in Ihrer Karriere als Führungskraft besonders geprägt – im Guten wie im Herausfordernden?
Ich freue mich über Ihre Perspektiven und den Austausch mit Ihnen.