Teamentwicklung verstehen – Teil 4

Teamphase „Performing“

Wenn Teams ihr volles Potenzial entfalten

Wenn Teams in den Flow kommen: In der Performing-Phase zeigt sich das volle Potenzial eines Teams. Rollen sind geklärt, Prozesse eingespielt, das Vertrauen ist gewachsen. Jetzt geht es nicht mehr darum, ob man miteinander arbeiten kann, sondern wie gut man gemeinsam Leistung erbringt – wie bei einem eingespielten Orchester, das nicht mehr nur die Noten spielt, sondern mit Klang, Tempo und Dynamik beeindruckt. Die Energie fließt ins Tun – statt in Klärung oder Rechtfertigung. Ein echter Wendepunkt.

Was passiert im Performing?

Das Team arbeitet effizient, zielgerichtet und flexibel. Konflikte werden souverän gelöst, Herausforderungen gemeinsam gemeistert. In dieser Phase entsteht oft eine besondere Dynamik: Energie, Eigenverantwortung und ein starkes Wir-Gefühl treiben das Team an. Entscheidungen werden eigenständig getroffen, Aufgaben verteilt sich das Team selbstorganisiert – ohne lange Diskussion, dafür mit Vertrauen und Verlässlichkeit.

Typische Merkmale dieser Phase:

  • Hohe Eigenverantwortung und Selbstorganisation
  • Zielorientiertes Arbeiten mit klarem Fokus
  • Vertrauen in die Fähigkeiten der anderen
  • Kontinuierliche Verbesserung und Lernen im Team
  • Aktiver Umgang mit Herausforderungen und Fehlern
  • Effektive Kommunikation – direkt, lösungsorientiert, kollegial
  • Gemeinsames Bewusstsein für Qualität und Ergebnisverantwortung

In dieser Phase ist das Team nicht konfliktfrei, aber konfliktkompetent. Kritik wird offen geäußert, gegenseitige Unterstützung ist selbstverständlich. Das gemeinsame Ziel steht im Mittelpunkt – und persönliche Eitelkeiten treten in den Hintergrund. Es herrscht ein Klima des Vertrauens, das Innovation und Mut fördert.

Ein wichtiges Kennzeichen: Das Team reflektiert sich regelmäßig selbst, identifiziert Verbesserungsmöglichkeiten und setzt sie um – ohne externe Aufforderung. So wird beispielsweise der Ablauf von Meetings angepasst, weil das Team erkannt hat, dass kürzere Check-ins effizienter sind und allen mehr Raum für operative Arbeit lassen.

Die Rolle der Führungskraft: Ermächtigen, Raum geben, begleiten

Führung in der Performing-Phase bedeutet, Verantwortung abzugeben und Entwicklung zu ermöglichen. Die Führungskraft wirkt eher im Hintergrund, als Coach und Impulsgeber, nicht mehr als Antreiber oder Kontrollinstanz. Die Kunst liegt darin, loszulassen – ohne sich zu entziehen.

Wichtige Aufgaben der Führungskraft:

  • Rahmen für Selbstverantwortung schaffen
  • Eigeninitiative fördern und wertschätzen
  • Feedback und Reflexion anregen
  • Lernimpulse setzen und Ressourcen bereitstellen
  • Erfolge sichtbar machen und feiern
  • Aufmerksam sein für erste Signale von Überlastung oder schwelenden Konflikten

Die Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen Zurückhaltung und Unterstützung zu finden. Gute Führung bedeutet hier: Nicht eingreifen, wenn das Team es selbst lösen kann – aber da sein, wenn Impulse gebraucht werden.

Besonders hilfreich in dieser Phase: Team-Retrospektiven, kollegiales Feedback, gemeinsame Lernziele und regelmäßige Momente der Wertschätzung. Diese Elemente halten die Energie hoch und fördern nachhaltige Leistung.

Praxisbeispiel: Ein interdisziplinäres Projektteam

Ein Unternehmen stellt ein Team aus IT, Vertrieb und Produktmanagement zusammen, um einen neuen digitalen Service zu entwickeln. Nach einer intensiven Startphase mit viel Klärung und Abstimmung ist das Team nach einigen Monaten so eingespielt, dass es eigenverantwortlich arbeitet.

Die Teammitglieder koordinieren ihre Aufgaben selbst, holen sich aktiv Feedback und optimieren ihre Abläufe eigenständig. Probleme werden direkt im Team besprochen, Ideen rasch umgesetzt. Die Projektleitung greift nur punktuell ein – etwa, um Ressourcen bereitzustellen oder strategische Impulse zu geben, wie z. B. das Einführen neuer Zielkunden-Personas für die Produktentwicklung oder das Aufzeigen eines Trends aus dem Marktumfeld, der neue Denkanstöße für das Team liefert. Das Team entwickelt nicht nur das Produkt, sondern auch sich selbst kontinuierlich weiter.

Ein Highlight ist ein monatliches „Demo-Meeting“, bei dem Zwischenergebnisse präsentiert und gefeiert werden. Dadurch entsteht eine Kultur des Stolzes und der Transparenz – auch über Abteilungsgrenzen hinweg. Die hohe Motivation im Team überträgt sich sichtbar auf die Qualität des Outputs – zum Beispiel in Form von innovativen Lösungsansätzen, kürzeren Entwicklungszyklen oder einer deutlich erhöhten Kundenzufriedenheit.

Reflexionsfragen für Führungskräfte

  • Wo kann ich mich zurücknehmen, um meinem Team mehr Verantwortung zu übergeben?
  • Erkennen wir Erfolge rechtzeitig und feiern sie bewusst?
  • Wie unterstütze ich kontinuierliches Lernen im Team?
  • Bin ich als Coach sichtbar, ohne zu dominieren?
  • Welche Impulse kann ich setzen, um das Team weiterzuentwickeln?
  • Haben wir eine Feedback- und Lernkultur etabliert?
  • Wie sichern wir unsere Qualität, ohne unnötigen Druck aufzubauen?

Ausblick: Leistung braucht Pflege

Die Performing-Phase ist das Ziel vieler Teamentwicklungen: hohe Leistung bei gleichzeitigem Vertrauen, Selbstorganisation und Flexibilität. Doch auch diese Phase bleibt nicht statisch. Veränderungen, neue Mitglieder oder Krisen können das Team zurück in frühere Phasen werfen. Umso wichtiger ist eine wache, reflektierte Führung, die Entwicklung immer wieder neu begleitet.

Bei der letzten Phase 5: Adjourning – geht es um den Zeitraum, wenn Teams sich auflösen oder neu formieren. Wie gelingt ein wertschätzender Abschluss? Und was können Führungskräfte tun, damit Erkenntnisse bleiben und Übergänge gelingen? Dazu habe ich bereits einen ausführlichen Beitrag geschrieben. Diesen finden sie hier.